Avada Ke-Transa

Avada Ke-Transa

Harry Potter hat viele unserer Kindheiten geprägt, die Schöpferin Joanne K. Rowling erfährt allerdings heutzutage zunehmend negative Aufmerksamkeit. Sie sieht sich als das Opfer eines Hexenprozesses. 

Die Goblins

Aufgrund der emotionalen Verbundenheit, die viele zu Harry Potter verspüren, mag es schwer sein, die Gegebenheiten klar zu sehen. Doch ein Werk sollte Künstler:innen der Kritik gegenüber nicht immun machen. Selbst das Werk an sich beinhaltet allerdings einige Aspekte, die kritisierbar sind. Ein besonders für uns als Jüdinnen und Juden signifikantes Beispiel sind die Goblins, welche antisemitischen Stereotypen entsprechen. Sie sind gierig, böswillig, nicht vertrauenswürdig und leiten noch dazu das Bankensystem. Unterstützer:innen Rowlings würden einwenden, dass Goblins schon immer so dargestellt wurden, allerdings kommt die Kontrolle der Goblins über das Finanzwesen erst seit Rowlings Darstellung so vor. In den Filmen ähneln sie Karikaturen der Nazis von Jüdinnen und Juden auf unheimliche Art und am Boden der Bank sind sechseckige Sterne abgebildet. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Geschichte nicht im Vakuum entstanden ist, sondern auch Rowling in ihrem Denken durch gefährliche Stereotype beeinflusst wurde.

Twitter-Aktivität

Nun zu der Kontroverse um die Person Rowling. Es begann damit, dass Rowling transphobe Tweets geliked hat, darunter einen von Magdalen Berns. Berns schrieb in dem Tweet, dass Transfrauen lediglich perverse Männer seien, die sexuelle Reize daraus ziehen würden, sich als Frauen auszugeben. Außerdem teilte sie auch einen antisemitischen Artikel, laut dem George Soros der Hauptgeldgeber hinter der angeblichen Trans-Verschwörung sei  – Rowling bezeichnete sie später als mutige Feministin. Ein ähnliches Solidaritätsbekenntnis führte dann zu ihrem ersten Tweet zu dem Thema, nämlich zur Unterstützung von Maya Forstater. Die Firma, in der Forstater arbeitete, entschied sich, unter anderem aufgrund einiger transphober Tweets ihrerseits, ihren Arbeitsvertrag nicht zu verlängern. In einem Tweet schrieb sie etwa, dass Pronomen wie die Vergewaltigungsdroge Rohypnol funktionieren würden. Rowling empörte sich und fragte, wieso Frauen von ihren Jobs entlassen werden, bloß weil sie es wagen, die Wahrheit auszusprechen, dass das biologische Geschlecht real ist. 

TERF

Damit sind wir auch bei einer weiteren bedeutenden Nuance der Kontroverse angekommen, denn Rowling, sowie die Frauen, die sie hier unterstützt, verstehen sich als Teil der Gender Critical Bewegung – Transaktivist:innen bezeichnen Mitglieder dieser Bewegung auch als TERFs (Trans Exclusionary Radical Feminists). Die Gender Critical Bewegung sieht die Bewegung für Transrechte als Versuch, den biologischen sowie politischen Status von Cis-Frauen zu zerstören. Besonders heiß diskutiert wird hierbei die Benutzung von geschlechtergetrennten Räumlichkeiten. So schrieb Rowling im Manifest, das sie zum Thema Geschlecht und Gender auf ihrer Website veröffentlichte: 

„Ich will, dass Transfrauen sicher sind. Gleichzeitig will ich die Sicherheit gebürtiger Frauen nicht gefährden. Wenn man die Türen von Badezimmern und Umkleidekabinen für jeden Mann aufmacht, der sich als Frau fühlt, dann öffnet man sie für jeden Mann, der gerne rein möchte.“

Statistiken belegen jedoch, dass die mit Abstand gefährdetste Gruppe hinsichtlich Übergriffen in geschlechtergetrennten Räumlichkeiten, die der Trans-Personen ist. Daher würde es am meisten Sinn ergeben, diese Gruppe zu schützen, indem man ihr den Eintritt in die richtigen Räumlichkeiten gewährt. Gleichzeitig geht laut Studien mit der Inklusion von Transfrauen in diese Räumlichkeiten kein höheres Risiko für die Sicherheit von Cis-Frauen einher.

Des Weiteren stellt Rowling vereinfacht gesagt die These auf, dass Transmänner Frauen sind, die lediglich Misogynie entfliehen wollen und Transfrauen schwule Männer sind, die versuchen Diskriminierung durch Homophobie zu meiden. Sie kritisiert einen scheinbaren Versuch der Transbewegung, die Barrieren für eine Transition zu verringern und somit mehr unsichere Jugendliche dazu überreden zu wollen. Immerhin, so Rowling, wollte ihr Vater immer einen Sohn und daher wäre sie in der heutigen Zeit sicher auch trans geworden. Auch wenn tatsächlich die Anzahl der Transitionen gestiegen ist, hat das eher mit mehr gesellschaftlicher Toleranz zu tun als mit einer versteckten Trans-Agenda. Nur in einem von 162 Fällen einer Transition entscheiden sich die Personen, wieder in ihr biologisches Geschlecht zurückzugehen und viele tun das nur aufgrund von Transphobie.

Transrechte sind Menschenrechte

Rowling meint, dass Transaktivist:innen wie Todesser seien. Laut ihr ist es eine beispiellose Bewegung, die für Autoritarismus und die Gefährdung von Frauenrechten stehe und sich illiberalen Methoden bediene. Da sie sich dagegen auflehnt, ist sie das Ziel einer Hexenjagd geworden. Ihr Märtyrertum geht so weit, dass sie das Benutzen gewünschter Pronomen mit dem Roman 1984 vergleicht und die Regenbogenfahne retweetet, aus der die  Farbe für Transpersonen entfernt wurde. Gleichzeitig kooperiert die Gender Critical-Bewegung, die sie tatkräftig unterstützt und angeblich für die Rechte der Frauen eintreten soll, mit zahlreichen, tatsächlich illiberalen, rechtsextremen Organisationen, die gegen Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Partnerschaften mobilisieren, alles für das übergreifende Ziel, Transrechte maßgeblich zu beschneiden.

Die Zeit, Rowling einen Vertrauensvorschuss zu geben, ist längst abgelaufen, denn sie hat sich in den letzten Jahren zu einer der prominentesten Figuren der Anti-Transbewegung entwickelt. Transpersonen behaupten nicht, dass das biologische Geschlecht unecht oder unbedeutend sei – genau dafür wurden die Begriffe Cis und Trans ja kreiert – viel eher geht es darum, ihre sozialen und psychologischen Identitäten anzuerkennen. Im Endeffekt ist es jene Form von intersektionellem Feminismus, für die wir uns stark machen sollten, eine, die die Freiheit aller Personen – ja auch von Transpersonen – mitdenkt, denn nur so können wir schädliche Genderstereotype als Gesellschaft abbauen. 

(*Falls euch das Thema interessiert und ihr einen tieferen Einblick wollt, die YouTuberin ContraPoints hat zwei höchst informative Videos zu Rowling & Transphobie gemacht.)


Willi Elgan

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