A Jewish Survival Guide to Global Fascism
Logbuch Eintrag #764: Wir sind auf der Flucht. Unterkunft haben wir in einem verlassenen Lokal gefunden. Es scheint schon vor dem Ausbruch verlassen worden zu sein. Auf der Vordertür können wir vage die Buchstaben „S“, „P“, „Ö“ erkennen.
Ein Virus geht um in Europa. Und mit Europa meinen wir die ganze Welt (Anmerkung Ari: Maus, ist das nicht bisschen eurozentrisch? Antwort Chris: Das Zentrum gibt‘s bei mir nur mehr in der Meditation). Der Virus ist spannend. Er scheint alle Leute in ihre Großväter zu verwandeln. Genauso dumm und genauso schirch. Wir surviven. Wirklich. Wir bräuchten eine Sendung auf DMAX, um euch zeigen zu können, wie sehr.
Trump, Bibi, Kickl – vor 2000 Jahren hätte man daraus eine Religion bilden können. Wie die Azteken hätten wir ihnen Menschenopfer gebracht und Chihuahas hätten ihre Seelen ins Jenseits geführt. (Anmerkung Ari: By the way – Fuck, Marry, Kill mit den Drei? Antwort Chris: Ein Mann, der schöner ist als ein Aff’, ist ein Luxus. Ich nehme trotzdem nur den Kill und zwar: Myself).
Wie tun wir nun mit unseren neuen Overlords, die in fast jedem Land an der Macht sind? Das Problem sind nicht immer nur die Leute an der Macht, sondern auch die Konterrevolutionäre. Und die bilden gerade weltweit die Mehrheit. Sie haben sich das eingefangen, was man FDUDJSAAS- Virus nennt. (Anm. Chris: Das ist kurz für „Fetzendeppat und die Juden sind an allem schuld“-Virus.) Die Infizierten wandern herum, attackieren, spucken und sagen dir, dass du hier nicht parken darfst.
Wir vagabundieren hier also nun im verseuchten Wien herum, versuchen nicht aufzufallen und trotzdem ein Leben in Würde zu leben. Wie kann uns das gelingen? Hier sind unsere Tipps (die wir ganz bestimmt nicht National Geographic Kids gefladert haben).
#1 – Know your survival skills
Wir alle wissen, dass ihr skilled workers seid. Ihr seid sehr skilled in „Mcdonalds, Charge Their Phone, Twerk, Be Bisexual, Eat Hot Chip And Lie.“ Aber das ist okay, girlies. Wir glauben an euch. Ihr seid skilled in eure anxiety worken. Aber wisst ihr, dass phone chargen wirklich ein survival skill ist? They can‘t find you, solange ihr nicht euer Haus verlasst und nur doomscrolled. Das einzige, was euch wirklich gefährlich werden kann, ist, wenn ihr leider nicht, so wie es sich gehört, Eigentum besitzt. Denn die Mieterhöhungen könnten euch auf die Straße setzen und dann müsst ihr mit den Leuten kommunizieren. Dann heißt es: Unterscheidet zwischen Freund und Feind. Wisst ihr, was das bedeutet? Richtig, ihr müsst den nächsten Bären finden. Denn bei dem seid ihr sicherer als beim durchschnittlichen FPÖ-Wähler. Mit einem Bären an der Leine seid ihr übrigens auch vor der rush hour in der U4 gefeilt. Niemand wird zu euch in den Wagon steigen. Nicht mal der finance bro der an der Landstraße einsteigt. Nur die ganz harten BWLer wollen eurem Bär Crypto andrehen.
#2 – Choose a good hideout
Leider müsst ihr euch da selbst was suchen. Wir haben schon die Löwelstraße. Vielleicht wird ja bei der KPÖ was frei… oder bei den Grünen. Hier unsere Tipps: In linken Parteizentralen seid ihr vor dem Faschismus sicher. Weil da würde euch niemand verraten. Außerdem ist dort sowieso niemand handlungsfähig. Die einen cosplayen Guerrilla-Kämpfer:innen, die anderen „ziehen jetzt mal Weg lol:))“. Linke Parteizentralen waren schon vor Ausbruch des Virus ein Ort, wo alles Lebende zum Sterben hingeht. Auch Faschist:innen. Oder ihr versteckt euch im Instagram-Profil von Anwält:innen in Pali-Tüchern. Dort werden sie euch nie vermuten. Aber zu diesem Tipp muss man sagen: Not in our name!!! (Anmerkung Ari: Not in YOUR name, Chris? Antwort Chris: Bruder, ich heiße literally Chris. Niemand sollte in meinem Namen irgendwas machen).
Ein anderer guter hideout, wenn du Geld hast: Die Schweiz oder Döbling, da fahren nämlich keine Öffis hin!
#3 – Pack a survival kit
Here you go. Das ist jetzt der 10. Survival Guide (shout-out an unsere Survivalies) und wir sind noch lange nicht mit unserem Latein am Ende (Anmerkung Ari: Chris kann sogar Latein, talk Valentina! Antwort Chris: Ja, ich kann Latein wie ein semitischer Bauer 300 nach der Zeitrechnung. In vino veritas – In Abflussreiniger sapientia). Das beste Survival Kit, das man einpacken kann: Die Jewish Survival Guides. Reißt sie aus euren Noodniks, lest sie, verinnerlicht sie und dann nehmt das Papier und stopft damit eurem faschistischen Onkel das Maul.
Auch wichtig: Smartphone, eine Regenbogenflagge für performativen Aktivismus, Hot Chips und Kondome – Die Heten sollten sich in Zeiten wie diesen nicht fortpflanzen. Das ist unverantwortlich, außerdem: Wisst‘s ihr überhaupt, wie viel CO2 so ein G‘schropp ausstößt?
Falls ihr antideutscher Gesinnung seid, vergesst euren Schnee zum… skifahren nicht. Vorsicht: Mittlerweile sind auch Neolibs vom Mind-Virus betroffen. Die sind auch große Fans von… Schnee (Anmerkung Chris: Wir sind so umweltbewusst. Niemand mag halt, dass Eisbären sterben).
#4 – Gather a gang
Judis aller Länder, vereinigt euch! Kommt alle zuhauf! Außer Deborah Feldman hat euch explizit gesagt, dass ihr keine Judis seid. Dann müsst ihr leider zuhause bleiben (Anmerkung Ari: Wer bleibt dann noch über? Antwort Chris: Die ohne X-Profil).
Von unseren Anwält:innen wurde uns empfohlen, hier nicht weiterzuschreiben. Der Aufruf, sich in die eigenen marginalisierten safe spaces zu retten, hätte sich für unsere nicht-marginalisierten Leser:innen wie Ethnopluralismus angehört. Mehr gibt es hier nicht zu sagen. Vergesst aber eure Jews of Honour nicht. Also die non-Jews, die immer für euch eingestanden sind, oder euch mal eine Tschick geschnorrt haben. Oder seit zehn Jahren Generalsekretär der JöH sind.
thrive, drive, survive
Der Titel ist irreführend. Denn wir alle wissen, dass die Autoren dieses Artikels queer sind und deswegen gar nicht driven können (Anmerkung Ari: Aua. Antwort Chris: Du hast zumindest nur keinen Führerschein, ich komm vom Land und kann nicht Traktor fahren. Vallah, Krise). Aber wir thriven auch nicht. Eigentlich tun wir gar nichts. Aber hier ist der Plan: thrive, drive, survive. Denn wie hat schon Pöbel MC gesungen: „Dann kann ich mir ‘nen Lambo anmieten / Und überfahre damit ein paar Antisemiten“. Aus rechtlichen Gründen ist dies eine Metapher, die zu meta ist, um sie zu verstehen.
Wie ihr merkt, sind wir auch überfordert. Wir sind uns auch nicht sicher, was genau zu tun ist. Ari und seine Verlobte wollen vielleicht nach Norwegen. Das heißt auf Australisch: no way. Aber ja, vielleicht macht es Ari richtig. Heiraten, weil einem Bange wird vor der Zukunft (Anmerkung Chris: Mazal Tov, ihr cuties).
Chris ist da weniger besorgt. Chris kommt vom Land und da hat man für die jetzige politische Situation seit 1938 ein eigenes Wort: Normalzustand.
Ariel Simulevski & Chris Steinberger