Wahlkampf 2025 – Die JöH als Spielball der ÖH

Wahlkampf 2025 – Die JöH als Spielball der ÖH 

Die Wahl ist vorbei, das Klima an der Uni beruhigt sich langsam wieder, doch im Hintergrund beginnen erst die Koalitionsgespräche.

Bevor wir uns den Wahlergebnissen und den Themen des diesjährigen Wahlkampfs widmen, werfen wir einen kurzen Blick auf die letzte Legislaturperiode der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH). Nach den ÖH-Wahlen 2023 bildete sich auf Bundesebene eine Dreierkoalition aus dem Verband Sozialistischer Student_innen in Österreich (VSStÖ), den Grünen & Alternativen Student_innen (GRAS) und der Kommunistischen Student:innenliste – Linke Liste (KSV-LiLi). Diese letzten zwei Jahre standen unter dem Eindruck weltpolitischer Umwälzungen, und auch an den Universitäten hat sich einiges verändert. Da waren die Umsetzung der umstrittenen UG-Novelle, dramatische weitersteigende Inflation, unter der Studierende besonders litten, sowie die reale Sorge vor einer möglichen rechtsextremen Regierung in Österreich. Auch der ansteigende Antisemitismus an Hochschulen weltweit und die damit einhergende Gefahr für Jüdinnen und Juden wurde immer wieder von der ÖH thematisiert. Zudem stellten sich alle auf gekürzte Gelder ein, sollte eine FPÖ-Regierung zustande kommen. Hierbei appellierte die ÖH an die verhandelnden Parteien, ihre Versprechen einzuhalten und keine Koalition mit einer rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Partei einzugehen. Trotz all der Spannungen kann die ÖH auf eine erfolgreiche Legislaturperiode zurückschauen. Vom Ausbau der ÖH-Helpline über die wohnpolitische Kampagne „Und wie wohnst du?“ bis hin zur hochschulübergreifenden Ringvorlesung „Campus of Change“ hat sich in den vergangenen zwei Jahren vieles durch die Bemühungen der ÖH getan. 

Was Mutterparteien lieber vermeiden, trägt sich auf ÖH-Ebene voll aus

Wie schon aus vergangenen ÖH-Wahlen bekannt ist, geht es in diesem Wahlkampf oft besonders hitzig und heftig zu. Was sich ihre Mutterparteien oft nicht offen leisten können, tragen die Fraktionen auf hochschulpolitischer Ebene voll aus. Persönliche Angriffe, ideologisch aufgeladene Rhetorik und strategische Provokationen häufen sich immer wieder bei den ÖH-Wahlen. Doch dieses Jahr verschärfte sich die Stimmung zusätzlich. An den Wahltagen hatte man zumindest an der Universität Wien das Gefühl, zwei Parteien hätten ihr gesamtes Wahlprogramm auf Gaza reduziert: Sowohl der Kommunistische Student_innenverband – Kommunistische Jugend Österreich (KSV-KJÖ), als auch die neu gegründete Revolutionäre Kommunistische Partei (RKP). Hierbei fiel besonders die RKP auf, die Partei der trotzkistischen Zeitung Der Funke. Auf Nachfrage der Tageszeitung Der Standard, ob die Holocaustvergleiche seitens der RKP in Bezug auf Israel für den KSV-KJÖ ein Problem darstellen, hieß es, die Israelkritik sei nicht das Problem der beiden Fraktionen.

Schon beim ersten Blick auf die Instagram-Seiten der beiden Parteien zieht sich das Thema konsequent durch – und leider so, wie wir es von ihnen gewohnt sind. Denn der ganze Diskurs ist von antisemitischen Narrativen geprägt. Dieses zeigte sich besonders deutlich bei der Demonstration unter dem Titel „Stopp den Völkermord und die Komplizenschaft unserer Hochschulen“, die im Zuge der ÖH-Wahlen stattfand. Auf dem Frontbanner der Demo waren der Satz „Blessed is the flame that burns the settler colony“ und das rote Dreieck der Hamas zu sehen. Eine Formulierung und Schilderung, die eindeutig die Auslöschung Israels fordert. An der Spitze des Demonstrationszugs marschierten Vertreter:innen des RKP, des KSV-KJÖ sowie einzelne Vertreter:innen des VSStÖ. Auch bei dieser Demonstration waren erneut Intifada-Rufe zu hören. Dass solche Parolen auf einem Universitätscampus skandiert werden, ist für viele jüdische Studierende erschreckend. Besonders beunruhigend wirkte dies in einer Woche, in der in Washington, D.C. zwei jüdische Studierende ermordet wurden – vor dem Hintergrund, dass im vergangenen Jahr immer wieder zur globalen Intifada aufgerufen wurde. Beim VSStÖ war an den Tagen der Wahl spürbar, dass hinter der thematischen Positionierung auch wahltaktisches Kalkül stand. Parallel zur Demonstration erschien auf der Instagram-Seite der Fraktionsvertretung aus Wien ein Statement zu Gaza. In seiner Formulierung wirkte das Posting deutlich einseitiger als der sonst übliche, differenzierte Diskurs an der Universität Wien.

Anscheinend hat es jedoch geklappt, der VSStÖ konnte seine Position als stärkste Fraktion stark ausbauen. der Wahlspruch „Die Stimme der Vielen“ ist damit Programm geworden, schade nur, dass due Vielen immer schon Antisemit:innen waren.  

Von den Ultras bis nach Leoben

Für die JöH und für viele jüdische Studierende fühlte sich diese Wahl auf jeden Fall besonders an, denn wir waren ein allgemeines Thema. Ob nun der KSV-LiLi als „ultra-zionistische Fraktion“ diffamiert oder die Zusammenarbeit mit der JöH als einzige jüdische Studierendenvertretung angegriffen wurde: Der Wahlkampf war von schockierenden Social-Media-Postings durchzogen. Besonders auffällig war dabei eine anonyme Seite, die in den letzten Wochen verschiedenste linke Gruppen in Wien pauschal als „genozidunterstützend“ erklärte und absurde Gerüchte verbreitete. Es blieb jedoch nicht bei den Postings auf Instagram, auch auf den Campusflächen kam es zu beunruhigenden Beschmierungen. Da waren etwa Sticker auf Wahlplakaten des KSV-LiLi, auf denen geschrieben stand „Stimmen für den Genozid“. An der TU Wien waren Wände immer wieder mit „Intifada“, „Fuck Israel“ oder Aufrufen zur Gewalt beschmiert. Bei der Central European University (CEU), die in den letzten eineinhalb Jahren immer wieder aufgefallen ist, erlangte der KSV-KJÖ 41,82 Prozent auf Bundesebene. Ab jetzt handelt es sich bei ihr also um eine kommunistische Privatuni. Doch der Antisemitismus, der sich durch Teile der Linken zieht und dort zu inneren Spaltungen führt, ist nur eine Seite der Angriffe auf jüdisches Empfinden und Dasein. Denn während sich die AG gerne von der ÖVP abgrenzt, sind die personellen und politischen Überschneidungen nicht zu leugnen. Was beide jedenfalls verbindet, ist, dass sie Koalitionen mit den Freiheitlichen nicht ausschließen. Im Gegenteil. An der Montanuniversität in Leoben koaliert die AG mit der „Liste Leobner Studenten“, einer lokalen Untergruppe des RFS. Ausgerechnet von dieser von Burschis durchzogenen Universität stellt die AG ihren heurigen Spitzenkandidat.  

Es beginnt eine neue Legislaturperiode und eines zeigt sich deutlich: Der politische Diskurs an den Hochschulen braucht eine starke, solidarische Stimme für alle Studierenden. Auch jüdische Studierende und Lehrende müssen sich an österreichischen Universitäten sicher fühlen können und es liegt in der besonderen Verantwortung der ÖH, genau das zu gewährleisten.

Milli Li Rabinovici

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