Kadima Maccabi!
Austria, Rapid, Vienna… alles Schmocks. Die Nummer Eins in Wien sind wir. Der SC Maccabi Wien. Für diejenigen von euch, die uns nicht kennen, kann ich es euch so am besten erklären: SC Maccabi Wien ist der einzige jüdische Fußballverein in Österreich, aber leider wissen nicht viele von uns. Und bevor ihr fragt: Ja, Jüdinnen und Juden können auch Fußball spielen, nicht nur Fußballvereine besitzen.
Geschichte
Maccabi ist in der Welt des jüdischen Sports ein durchaus gängiger Begriff. Deriviert von der jüdischen Legende der Maccabäer, repräsentieren alle Teams weltweit unter dem gemeinsamen Namen Maccabi die unvergleichbare jüdische Willenskraft und den Kampfgeist. Erst vor kurzem konnte Makkabi Berlin (ignoriert die falsche deutsch-deutsche Rechtschreibung) als erster jüdischer Sportverein jemals im DFB-Pokal Geschichte schreiben. In Israel hat letzte Saison Maccabi Haifa in der Champions League, dem höchstmöglichen Wettbewerb im Clubfußball, erneut mitgespielt. Seit 1995 gibt es nun auch den SC Maccabi Wien, damals neu gegründet vom jetzigen IKG-Präsidenten Oskar Deutsch. Zu dieser Zeit trat Maccabi nur mit einer Kampfmannschaft (für die Nicht-Fußballkundigen unter unseren Leser:innen: Erwachsenenmannschaft) wettbewerblich an, jedoch sollte sich dies Anfang der 2000er ändern. 2003 stieß der heutige Obmann des SC Maccabi Wien, Michael Margules, zum Verein dazu. Nachdem er bereits im Management der Fußballbranche bei Rapid Wien Erfahrungen sammelte, wagte er den logischen Schritt nach oben zu Maccabi und baute dort sukzessive einen Nachwuchsbetrieb auf. Bereits ein Jahr später machte es der Nachwuchsbetrieb der Kampfmannschaft nach und nahm am Wettbewerbsbetrieb des Wiener Fußballverbands teil.
Bedeutung
SC Maccabi Wien hatte mit der Gründung eines Nachwuchsbetriebs ein ganz klares Ziel: einen Raum zu schaffen, in dem jüdische Kinder, furchtlos und uneingeschränkt Fußball spielen können.
An dieser Stelle fragen sich vielleicht einige von euch, wieso das überhaupt nötig ist. Wieso können jüdische Kinder nicht einfach bei einem normalen Wiener Fußballverein spielen? Theoretisch ist das natürlich möglich. Es gibt auch durchaus jüdische Spieler in den Nachwuchsbetrieben anderer Wiener Fußballvereine und das ist auch gut so. Jedoch ist die Amateurfußballszene in Wien, egal auf welche Altersklasse man sich bezieht, nicht gerade das Paradebeispiel für Inklusion und Akzeptanz. Hier spreche ich aus persönlicher Erfahrung. Maccabi wird somit ein Zufluchtsort für alle jungen jüdischen Fußballbegeisterten in Wien. Ein Ort, an dem man als jüdische Person immer willkommen ist, ähnlich wie ein gewisses kleines Land, das gerade sehr häufig und kontrovers in den Schlagzeilen zu finden ist.
Jedoch hat sich Maccabi über die Jahre weiterentwickelt. Die Grundidee von Maccabi, ein Zufluchtsort für jüdische Fußballspieler zu sein, ist natürlich bestehen geblieben, aber Maccabi ist mittlerweile mehr als das. Vor einigen Jahren entschloss sich Maccabi Wien dazu, die Türen für alle jungen Spieler zu öffnen, egal ob jüdisch oder nicht. Es wird immer gesagt, dass Religion, Politik, Nationalität, etc. nichts am Fußballplatz verloren haben und das ist auch gut so. Am Fußballplatz sollen alle gleich sein. Das möchte Maccabi auch vermitteln, denn obwohl wir anders sind, am Fußballplatz sind alle gleich.
Gleichzeitig geht es aber auch darum, nicht jüdischen Personen im Fußball abseits des Platzes zu zeigen, was das Judentum ist und durch diese Möglichkeit der Begegnung, aktiv gegen Stereotype und Antisemitismus anzukämpfen.
Der Kampf gegen Diskriminierung
In der Amateurfußballszene ist Maccabi dann doch für eine Sache bekannt, die über allen anderen steht: Maccabi sind die Juden. Es wäre durchaus schön sagen zu können, dass dies bis jetzt nie eine Rolle gespielt hat. Aber wie bereits gesagt, egal um welche Altersklasse es geht, der Antisemitismus verlässt uns nicht. Bei einem Jugendspiel vor einigen Jahren wurde ein Elternteil eines gegnerischen Spielers von der Polizei des Platzes verwiesen, weil er ein T-Shirt mit SS-Runen anhatte. Auch auf institutioneller Ebene war und ist es nie leicht. Maccabi ist ein jüdischer Verein, weshalb wir weder am Shabbat noch zu den Feiertagen spielen. Dreimal dürft ihr raten, wie Leute auf diese „Sonderwünsche“ reagieren. Als ein nicht jüdisches Elternteil kostenlos für alle Jugendleiter:innen im Wiener Fußballverband einen Anti-Dsikriminierungsworkshop halten wollte, wurde uns mitgeteilt, dass dies nicht nötig sei. Die Schiedsrichter sind ja ausgebildet, auf solche Umstände zu achten und dementsprechend einzugreifen (lasst mich bitte wissen, falls das endlich zum ersten Mal passiert) und grundsätzlich ist der Antisemitismus, mit dem wir konfrontiert werden, ja unser Problem. So sehr wir auch versuchen zu zeigen, dass am Fußballplatz alle gleich sind und so sehr wir uns bemühen, Leuten ein Verständnis über Judentum und jüdische Kultur zu vermitteln, sind wir trotzdem noch weit von diesen Zielen entfernt. Das ist die traurige Realität.
Anerkennung
Bereits am Anfang habe ich gesagt, dass viele nichts vom SC Maccabi Wien wissen. Jedoch bekomme ich das Gefühl, dass auch diejenigen, die ganz sicher von uns wissen, uns nicht anerkennen. Ja, bei Maccabi gibt es mittlerweile viele Spieler, die nicht jüdisch sind, speziell in der Kampfmannschaft überwiegen diese deutlich. Aber Maccabi ist und bleibt ein jüdischer Verein, denn alle, die mit dem Davidstern auf der Brust aufs Spielfeld laufen, egal ob jüdisch oder nicht, repräsentieren den Geist der Maccabäer. Deshalb ist es umso trauriger, bei einer Ausstellung des Jüdischen Museums Wien zu „Superjuden – Jüdische Identität im Fußballstadion“ nicht einmal angesprochen zu werden, egal in welchem Kontext. Auch bei einem gemeinsamen Workshop zwischen dem World Jewish Congress, dem Österreichischen Fußballbund sowie der Österreichischen Fußball-Bundesliga und IKG zur präventiven Bekämpfung von Antisemitismus ist eine Einladung für Maccabi ausgeblieben. Das ist schlichtweg schade, denn niemand ist im österreichischen Fußball direkter von Antisemitismus betroffen als Maccabi. Niemand in der Umwelt des österreichischen Fußballs hat alltäglich mehr mit Antisemitismus zu tun als Maccabi.
Aufwärtskampf
Maccabi hat noch viel vor sich. Abgesehen von den bisher erwähnten Herausforderungen, stehen auf der Liste der Ziele des Vereins noch folgende Punkte ganz oben: die Etablierung einer Frauen-/Mädchenmannschaft sowie der unendlich scheinende Traum einer Heimstätte. Mittlerweile gibt es sogar schon eine kleine Gruppe von Maccabi-Ultras, welche die Kampfmannschaft bei allen Spielen unterstützt. In der Fan-Gemeinschaft ist noch sehr viel Platz, also scheut euch nicht, unsere Heimspiele mit Atmosphäre zu versorgen und unsere Auswärtsspiele in Heimspiele zu verwandeln! Es gibt nun auch jedes Jahr eine Benefizveranstaltung für den Verein in der Wiener Kulturstätte Metropol, die mit ihrem Programm immer zu überzeugen weiß.
Abschließend möchte ich anmerken, dass es wirklich unglaublich ist, wie sich der SC Maccabi Wien seit der ursprünglichen Gründung und Etablierung des Nachwuchs entwickelt hat. Von den sportlichen Erfolgen der Kampfmannschaft, die nun in der zweiten Landesliga – der zweithöchsten Liga Wiens und fünfhöchsten Österreichs – spielt, bis zu einem Nachwuchs mit rund 150 Spielern aufgeteilt auf sieben Mannschaften von U8 bis U18. All das durfte ich teils als Spieler, teils als Trainer und nun als Funktionär von Maccabi miterleben. Und egal wie klein oder groß mein Anteil sowie der Anteil anderer an dieser Entwicklung ist, wir alle könnten nicht stolzer sein auf den SC Maccabi Wien.
Rouven Margules