Die Kunstinstallation der JöH bei der Dr. Karl-Lueger Statue
Die Kunstinstallation, welche die Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen organisierten, war so viel mehr als das. So viel mehr als nur eine weitere Kunstinstallation. Als nur irgendeine weitere Veranstaltung einer aktivistischen Organisation. Als eine Handvoll Menschen, die sich an einem Ort versammelten, um auf etwas aufmerksam zu machen.
Es war ein Zeichen.
Wir schreiben den 7. Oktober 2020. Dr.-Karl-Lueger-Platz, im ersten Wiener Gemeindebezirk. Es ist 20 Uhr. Hektisch werden noch die letzten technischen Schwierigkeiten überwunden, die letzten Plakate aufgehängt, Schilder ausgeteilt und auf die Zuschauer:innen gewartet. Dies war der Anfang von etwas Großem.
Umgeben von etwa 15 Polizei-Vans, dutzenden Polizist:innen, Freund:innen, Familienmitgliedern, Genoss:innen und Passant:innen, lag Spannung in der Luft.
Unter den Zitaten, die wir auf das Lueger-Denkmal projizierten, stammte eines aus Adolf Hitlers Mein Kampf:
Schandwache
Spulen wir zwei Tage zurück. Am ersten Tag der Schandwache zerstörten Rechtsextreme die Kunstintervention am Denkmal. Nachdem Identitäre den Betonschriftzug mit Hammer und Meißel zerschlagen hatten, war der Schock erstmal groß. Polizist:innen waren zwar vor Ort, doch unternommen haben sie nichts. Die Identitären vollendeten ihre Aktion und zogen ungestraft davon.
Am Abend der Kunstinstallation lag neben Spannung auch Angst in der Luft. Eine Kunstinstallation der JöH, nur zwei Tage nachdem Identitäre an genau diesem Platz für Aufruhr gesorgt hatten? Man hatte Angst, dass es zu einer Konfrontation kommen würde. Zu Gewalt. Würde es nun soweit kommen, dass Jüdinnen und Juden ihre Kunstinstallation absagen müssen, weil sie Angst haben, attackiert zu werden? Weil sie Angst haben, dass etwas Schreckliches geschehen könnte?
Ganz im Gegenteil. Diese Macht wollten wir den Identitären nicht geben. Wir nahmen uns den Raum. Wir setzten ein Zeichen. Die Kunstinstallation war erfolgreich. Ungefähr 300 Menschen waren da und zeigten ihre Solidarität mit uns.
Als die Installation für beendet erklärt wurde, hielten wir einen Moment inne. Überwältigt von Emotionen haben wir uns gestärkt gefühlt. Unsere Stimme wurde gehört. Wir, als Jüdinnen und Juden, haben die Initiative ergriffen – und das konnte uns niemand nehmen.
Victoria Borochov