A Jewish Survival Guide To Summer
“Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert” – Karl Marx
Der Sommer ist hier. Im Gegensatz zu unserem Lebenswillen. Es ist heiß, Menschen sind verschwitzt und die Donau ist immer noch eine Gatsch-Lacke. Nur Leute, die Lennon oder Felicity heißen, unironisch Kristalle in ihrem Zimmer haben und barfuß in der Stadt umherwandern, behaupten etwas anderes. Deswegen lohnt es sich, auf Tinder nach neoliberalen Boys mit eigenen Pools zu suchen. Wir schwören, das zahlt sich aus. Der Sommer ist voller Tücken und wir sagen euch: Wir haben Angst. Angst vor Eisbaron:innen, die ihre Männer oder Frauen ermorden, Angst vor Männern, die ohne T-Shirt mit der U-Bahn fahren und Angst vor den Gerüchen in der Straßenbahn. Summa summarum ist festzuhalten, dass Öffis im Sommer die schlimmsten sind. Je mehr wir darüber nachdenken, desto mehr fällt uns eine Parallele mit einem literarischen Meisterwerk (Anm. Chris: Das nur ich gelesen habe) auf. La divina Commedia von Dante. Das Werk fetzt. Besonders auf Altitalienisch (Anm. Ari: Angeber; Antwort Chris: Lass mich, recht viel anderes kann ich ja nicht vorweisen). In diesem Werk geht es darum, dass der Protagonist von seiner Frau geghosted wird, also sie ist gestorben. Und er möchte sie zurückhaben. Oder so. Dafür muss er Hölle, Fegefeuer und Himmel durchqueren, damit seine Schickse ihm wieder ein Bussi gibt. Begleitet wird er dabei von dem Dichter Virgil. Wir sind zwar weder Virgil noch Virgin, aber wir können euch auch begleiten. Anygay, wie die Hölle, hat auch der Sommer in Österreich sieben Kreise (Anm. Ari: Gibt es nicht neun?; Antwort Chris: Gut gegoogelt, aber der erste und neunte sind irrelevant. Das wüsstest du, hättest du es gelesen).
Lust / Canto V
Ähnlich wie im zweiten Kreis der Hölle ist im Sommer auch Österreich gefüllt mit horny ÖVPlern, die es nach dem vierten Vodka Red Bull mit ihrer Heterosexualität nicht mehr ganz so ernst meinen. Wir wollen uns nicht beschweren, für eine Nacht kann ein Kärntner Akzent schon hot sein. Und manchmal haben sie auch Pools, oder zumindest so wiederverwendbare Eiswürfel für mittelmäßigen Weißwein. Und im Vollsuff ist ihr Antisemitismus auch nicht mehr unser Hauptfokus. Gönnt euch, aber bitte macht hin und wieder ein STD-Panel.
Dieses Land will Sex. Eine Mischung aus Trauerspiel und Komödie, die antiken Griech:innen hätten dafür kein Wort. Aber sie tun es halt. Und du kannst nur hoffen, dass dich niemand anpeilt. Denn sonst musst vielleicht auch du den heidnischen Zeus bitten, dich in einen Baum zu verwandeln (Anm. Ari: Ist das aus Percy Jackson?; Antwort Chris: Alles ist aus Percy Jackson, wenn du mutig genug bist).
Gluttony / Canto VI
Wenn Österreich keinen Sex sucht, dann trinkt Österreich (Anm. Ari: Hör auf zu projizieren; Antwort Chris: Aufgabe bis zur nächsten Kolumne, bitte lass dir einen neuen Joke einfallen, außer mir Alkoholismus zu unterstellen. Ich habe ein viel größeres Nikotinproblem). Völlerei, ein Begriff, der eigentlich sehr katholisch geprägt ist, aber vermutlich dem Menschen inhärent ist. Im Sommer wird’s besonders schlimm. Alle wollen Eis, Bratwurst und Aperol Spritz und irgendwann kennen sie sich alle nicht mehr aus. In den Parks, auf Seefesten und auf Feuerwehrheurigen. Man kommt dem Ganzen nicht aus dem Weg. Wir auch nicht. Darum lautet die Empfehlung hier: Summer body ist wurscht, denn der Sommer ist nur dazu da, den Summer Body zu ruinieren. (Anm. Chris: Gleiches gilt für den Revenge Body, außer der Body ist im Kofferraum).
Greed / Canto VII
Wir wissen genau, was manche von euch jetzt denken. Wie beim vorletzten Survival Guide bitten wir euch, euch selbst bei der Antisemitismus-Meldestelle zu denunzieren. Wir sind keinesfalls gierig, weil jüdisch. Sondern weil wir zu oft Ariana Grandes Greedy gehört haben. Damit das ein- für allemal klar ist: Gierig sein liegt bei uns nicht am Judentum, sondern an der Homo-/Bisexualität.
Gier ist auch etwas Österreichisches. Mehr Bier. Mehr Partys. Mehr Rassismus. Mehr Cafés für Martin Sellner. Erneut ist man hierzulande gierig nach Alkohol und Bier. Wie ihr sehen könnt, zeigt sich mittlerweile ein kulturelles Leitmotiv und hier haben wir keinen Ratschlag, sondern nur eine Bitte: Identitäre, bitte hört auf, gegen den großen Austausch zu kämpfen, wir brauchen ihn (Bussi von der Jüdischen Weltverschwörung e.V.).
Wrath / Canto VIII & Canto IX
Zorn ist etwas Gutes. Meistens. Mit Zorn stürzt man oppressive Systeme. Zorn ist Chris’ und Aris Werkszustand. Aber manchmal ist Zorn auch eine freudianische Verschwörung des Es gegen sich selbst. Im Sommer ist man gerne zornig, denn es ist zu heiß, man ist zornig, denn man fühlt sich nicht hot genug, um das anzuziehen, was man möchte. Man ist zornig, denn im Sommer sollte man Spaß haben, ohne Rücksicht auf Verluste. Und dabei müssen viele arbeiten oder nach Israel, um dort am Strand von Tel Aviv für Insta zu posen. Es gibt einfach keine Work-life-balance mehr. Und deswegen empfehlen wir, Die Wutprobe zu schauen. Der Zorn wird nicht weniger, aber er ist bei Adam Sandler besser aufgehoben als bei eurem geplanten Hot Girl Summer. (Anm. Chris: Nie gesehen. Geht auf Aris Kappe; Antwort Ari: Chris ich will dir nicht nochmal sagen müssen, dass du dich bilden sollst.)
Heresy / Canto X & Canto XI
Ketzerei kommt im Sommer meistens vom Archetyp der jüdischen Mutter. Sie ketzen gegen ihre eigenen Kinder. Du glaubst, du lebst deine “Barbra Streisand in her early 20s fantasy” und sie nennt dich die “Du weißt eh schon was von Babylon”. Da darf man sich schon etwas von der katholischen Kirche abschauen und gegen die Ketzerin vorgehen. Deine Mutter echauffiert sich über deine Kleidung? Erzähl ihr, dass ihr Essen versalzen ist. Suche wunde Punkte. Bleibe delusional. Feel your oats. Vorsicht, das wird ein Nachspiel geben. Aber lebt einfach im Moment oder so.
Violence / Canto XII – XVII
Sie sagen oft “Gewalt ist keine Lösung”. Das stimmt vielleicht, aber wir brauchen kein Problem, um Gewalt anzuwenden. Gewalt ist allgegenwärtig. Auch in diesem Survival Guide. Wir benutzen so oft englische Ausdrücke, dass es definitiv Gewalt an der deutschen Sprache ist (Anm. Ari: Das ist meine Antideutsche Praxis; Antwort Chris: Ist das nicht eher antiimp?). Gewalt im Sommer ist wie Gewalt im Winter. Man kann’s nur auf die Hormone schieben. Gewalt ist nie gut, außer manchmal halt. Wir bitten unsere Leser:innen darum, sich selbst einen moralischen Kompass zuzulegen, denn wir würden sonst G’tt spielen und das wäre Ketzerei.
Fraud/ Canto XVIII – XXXI
Betrug liegt auch in unserer Natur (Anm. Chris: in unserer persönlichen, nicht in der jüdischen!). Nicht nur im Sommer. Wie ihr vielleicht merkt, wissen wir, wie immer, auch nicht so recht. Vielleicht liegt das an Aris kaputtem Ventilator oder der Vehemenz, er kriege keinen Sonnenbrand, hat aber im Moment einen. Wie dem auch sei, “fake it till you make it” funktioniert für uns seit 1999 (Chris ist zwar 1998 geboren, aber im ersten Jahr hat Chris es noch mit Ehrlichkeit versucht). Wir sind ein Betrug. Hot Girl Summer ist ein Betrug. Die Jahreszeiten sind ein Betrug. Danke an den Klimawandel! Auf dass der Sommer ewig währe.
Ariel Simulevski & Chris Steinberger