A Jewish Survival Guide to Studying
Study Hard. Cry Harder
Wir haben News. Wir haben neue Bildungswege eingeschlagen. Mit Vollgas Richtung Arbeitslosigkeit. Ari studiert jetzt Politikwissenschaften, denn er glaubt, dass ein BA-Degree ihm dabei hilft, von der Familie am Esstisch endlich ernstgenommen zu werden. Chris studiert jetzt Judaistik. Oder wie es jemand anderer vor kurzem nannte: “Irgendwas mit Philosophieren über Homos und Juden”. (Anm. Ari oder wie ich es nenne: irgendwas mit Philosemit:innen., Anm. Chris: Hab noch keinen deiner friends dort gesehen.). Ari glaubt, er wird gebildet. Chris glaubt, dass er Rabbiner wird. Beides illusorisch, traurig und eigentlich einfach nur herzzerreißend. Die Erde brennt (Anm. Chris: Als wir den Text geschrieben haben, wussten wir noch nicht, dass bald unter diesem Motto die Unis besetzt werden, lol), darum studieren wir jetzt Geistes- und Humanwissenschaften. Für ein paar letzte gute Jahre. Der:die aufmerksame Leser:in wird sich jetzt denken: “War der eine nicht mal Informatiker? Ja, das war Ari. Aber auch er wollte einmal in seinem Leben, irgendeine Form von akademisch sexueller Anziehungskraft ausstrahlen. (Anm. Chris: Es hat funktioniert. Nur halt leider nicht bei mir). Wie wir das ganze überleben, Schande über unsere Familien bringen und wie ihr es uns gleichtun könntet, zeigen wir euch jetzt in dieser Version von Neds Ultimativem Schulwahnsinn. Die Serie hat literally niemandem geholfen, wir tun es auch nicht. B’ezrat HaShem. Hier die Liste, die ihr nie wolltet.
Regel Nr. 1: Nehmt euch selbst nicht ernst. Auch nicht eure Kolleg:innen
G’tt weiß, Papa Pollaschek macht es auch nicht. Wenn ihr Glück habt, dann werden euch auch eure Kolleg:innen nicht haushoch intellektuell überlegen sein. Manche werden aus dem kategorischen Imperativ Kants und schönen Worten ein Gedankengerüst bauen, das sie erklimmen werden, um aus der Vogelperspektive zu erkennen, dass sie wirklich Trottel sind. Dieses kann auch meistens sehr gut mit “Na und?” oder mit einem “Bist du eigentlich deppat?” gekontert werden. Nach letzterer Aussage zeigt sich dann ihre wahre Couleur, ob sie weinen oder sich problematisch empört echauffieren, dass ihr eine so banale Aussage getätigt habt. Der universitäre Habitus knebelt euch, reguliert und setzt euch einen Maulkorb auf. Wir sagen: Sprengt alle Ketten. (Anm. Ari: kinky. Anmerkung: Chris, wäre es kinky, würden die Ketten noch enger gezogen werden.)
Regel Nr. 2: Lernt aus Mean Girls. Bildet Banden.
Als Chris noch auf Dating-Apps unterwegs war, kam mal eine Nachricht rein: “We are in the same lecture. But I was always afraid of talking to you. At uni you seem like a complete b*tch.” Ziel: erreicht. Leute, die keine Angst vor euch haben, werden nervig und aufdringlich sein. Sie wollen Mitschriften haben oder, dass ihr bei ihren problematischen Orgas, die es nur drei Treffen lang gibt, mitmacht. Wir sagen dezidiert: Nein. Sucht euch eure Leute und bitte schaut’s, dass ihr immer bisschen g’scheiter, hotter und cooler seid als alle anderen. Das ist dann eine Clique. (Anm. Ari: Wird halt schwierig, wenn man irgendwas Naturwissenschaftliches studiert. Antwort Chris: Stimmt, die bilden keine Cliquen, sondern Rudel, Herden oder Meth Labore.) Wenn ihr bis zu eurem Studienabschluss die Aussage: „You can’t sit with us“ getätigt habt, habt ihr diese Regel eingehalten. Niemand am Arbeitsmarkt mag nette, zugängliche Menschen.
Regel Nr. 3: Flüchtet euch in Abhängigkeit.
Bei Ari ist es eine gottlose Menge an Koffein (Anekdote: Ari ist mal mit einer halb ausgetrunkenen Flasche Club Mate am Sofa eingeschlafen.) (Anm. Chris: Ground breaking and showstopping.). Bei Chris ist es Nikotin und Pokémon. (Anm. Ari: Warst du nicht mal Alkoholiker? Antwort Chris: Ari, wollen wir das jetzt jede Ausgabe durchkauen?). Sucht im Studium ist kein Problem. Es ist Ästhetik. Wuzelt eure eigenen Zigaretten (außer Jus-Studis, never show that you’re affected by poverty), entwickelt Kleptomanie oder eine Eisteesucht. Es ist egal. Niemand wird euch böse sein, denn: “Mah, in der Studienzeit vor 20 Jahren habe ich jeden Tag damals auch immer 50 Bier gesoffen.‘‘ Alles wird euch verziehen, denn ihr studiert ja noch. Und alles ist besser als büffeln.
Regel Nr. 4: Broaden your horizons.
Damit meinen wir jetzt nicht Ayahuasca, sondern lernt mal eine Person aus einer Minderheit kennen. Denn seid uns nicht böse, aber die Leute vom Land sehen eine Person aus dem Nachbarort schon als eine Minderheit an. Alle Goyim, die dieses Magazin lesen, wir wissen eh: Ihr findet Jüdinnen und Juden ur spannend. Schade, dass die meisten diese Faszination am Tisch mit der Post-BdM Oma verlieren. Wirklich schade. (Anm. Ari: Ich steh nicht nur auf Philosemit:innen. Antwort Chris: Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, ich halte das alles nicht mehr aus). Anygay, lernt andere Lebenssituationen kennen, setzt euch mit weniger privilegierten Menschen auseinander, schaut, dass ihr nicht in einem Trommelkreis gefangen werdet. Denn irgendwann seid ihr eine Minderheit. Bussis von der Jüdischen Weltverschwörung e.V.
Regel Nr 5: Dein Bachelor ist nichts wert. Werd‘ kein klassistisches Oaschloch.
Selbsterklärend.
Regel Nr. 6: Erfindet euch neu.
Macht was ihr wollt. Bringt Terror in den elterlichen Haushalt. Lasst euch Tattoos stechen. Holt euch Piercings. Alles ist gut, solange du wild bist. Erneut: euch wird alles verziehen. Wenn ihr nur 1er und 2er habt, wird euch das nicht erfreuen. (Anm. Chris: Nur eure Eltern, aber von denen müsst ihr euch ein bissi lösen. Antwort Ari: Lösen? So wie die Ösis sich von ihrer Vergangenheit gelöst haben?)
Ihr wundert euch nun jetzt: Da ist aber wenig Jüdisches dabei. Und ja, wir geben euch Recht. Denn Studieren ist für alle gleich. Außer für Minderheiten. Die studieren und haben halt auch noch Diskriminierungserfahrungen dazu. Als jüdischer Mensch zu studieren ist lustig, denn Antisemitismus durchdringt universitäre Räume. Wie das echte Leben. Also, studieren ist für alle gleich. Solange du weiß, katholisch und reich bist. Obwohl, dann kann es dir passieren, dass du niemals abschließt und Bundeskanzler wirst. G’tt bewahre. Amen.
Ari Simulevski & Chris Steinberger