Jüdische Zukunftsvorstellungen

Jüdische Zukunfstvorstellungen

Jewish Future, seit langem gab es nicht mehr so viele Fragezeichen zu unserer Zukunft als Jüdinnen und Juden. Sowohl in Israel als auch in der gesamten Diaspora. Jüdisch und Jiddisch stehen vor einem potenziellen Generationen-definierenden Konflikt. Das und noch mehr löst in uns eine Ungewissheit aus. Für manche ist das erschütternd, andere sind entweder vollkommen davon überzeugt oder wittern darin ihre Chance, um an Einfluss und Macht zu gewinnen.


Ich will keine Mitbürgerin sein
Will mit Bürger:innen die Gesellschaft gestalten
Mich für Umweltschutz einsetzen
Statt mein Judentum zu verteidigen
Will, dass ihr mir zuhört
Und mein Schweigen akzeptiert
Will mir meine Rolle selbst aussuchen, sie wechseln
und verändern
Es gibt kein Drehbuch
Will, dass ihr mit mir sprecht und nicht über mich in
der dritten Person
Dritte Generation
Wunden heilen langsam, wenn sie ständig aufgerissen werden.

(Sophie Orentlikher)


diaspora

ins land von süßkartoffeln eingeladen,
die meine ahnen einst vergrabten.
neue chancen, alte mythen
eine reise, viele routen
gehen mit der freiheit hand in hand.

koffer zu; drei viertel ausgepackt
wie war das nochmal mit der wehrhaftigkeit?
werde heimisch, bleibe kritisch,
unfreiwillig aktivistisch
dennoch optimistisch.

kein verstecken!
trage meine kanten
und sechs ecken

willkommen, in den zwischenwelten.

(Mascha Disman)


Die letzte Instanz

Die Richterin schwingt den Hammer.
Die Sitzung ist eröffnet.
Bald folgt dann auch der Richterspruch.

Der Schuldige ist zu Besuch,
Was kann er verschulden, wenn er nichts befürchtet?

Ein Haus für die Vergasten,
Sandig und umringt von Tod.
Umringt? Durchwuchert.
Aber ein Haus, ein Traum, ein Haus.

Träume enden, wenn sie wahr werden.
Was dann,
wird aus einem Haus?

Der Schuldige ist nichts.
Eine Hülle, ein Ding, ein etwas.
Er befiehlt wie ihm befohlen.
Ein Befehl dem Arzt,
und der Liebende stirbt.
Im Namen der
Freiheit.

Die Richterin, jetzt Herr Richter.
Der Fall ist klar.
Sie ist sich einig, die Geschworenen-Kammer.

Aber,
Wo ist der Hammer?

(Alon Ishay)


Meine Klasse und ich waren letzten Sommer auf Israel Reise und übernachteten in einem kleinen Dorf in Beduin:innenzelten in der Wüste. Wir haben unsere Handys ausgeschaltet, weil es ohnehin keinen Empfang gab. Als es dunkel wurde, haben wir das Dorf verlassen und sind in der Wüste spazieren gegangen. Wir wollten gemeinsam meditieren und haben uns alle gemeinsam, wie bei der letzten Szene, von einem sehr kitschigen Film an den Händen gehalten. Es funktionierte nicht wirklich. Jede paar Sekunden hat jemand zu lachen begonnen oder ist auf den Steinen ausgerutscht. Und dann kündigte jemand lautstark an, dass es wieder Neuwahlen, zum fünften Mal in drei Jahren, in Israel geben würde. Wir standen in Pullovern und Turnschuhen voller Sand im Stockdunkeln und rätselten, was jetzt gerade 100 Kilometer weiter weg in Jerusalem passiert. Am Weg zurück diskutieren wir laut.

Die heutige Lage in Israel wirkt auf mich mindestens genauso absurd, wie diese Ankündigung in jener Nacht. Meine Klasse und ich haben mit der Diskussion noch immer nicht aufgehört. Manche sind nach Israel gezogen, um in der Yeshiva zu lernen. Sie erzählen mir von den Protesten auf den Straßen. Aber in einem waren wir uns immer einig. Wir kritisieren Israels Politik, wie wir die Politik der Regierung jedes Staates kritisieren würden. Wir streiten dessen Existenzrecht nicht ab, sondern argumentieren für einen lebendigen, jüdischen Staat, der für alle ein Zuhause sein kann.

(Esther Györi)


Ich hoffe auf eine Welt ohne schiefe, verunsichernde Blicke nach dem Erkennen der jüdischen Identität.
Ich hoffe auf eine Welt, in der Tatsachen die Unwahrheiten aus dem Weg räumen.
Ich hoffe auf eine Welt, in der meine Realität und die anderer junger Jüdinnen und Juden wahrgenommen und ernstgenommen werden.

Ich erwarte mir eine Welt ohne Vorurteile und ohne Vergessen.

(Neomi Seller)


Israel
Meine zweite Heimat
Der einzige Jüdische Staat
Der Zufluchtsort aller Jüdinnen und Juden

Israel
So viele Emotionen ruft dieses Wort hoch
Liebe
Ärger
Unverständnis
Trauer
Krieg
Hass
Zugehörigkeit
Und noch mehr Unverständnis

Es ist das Land, in dem ich jeden Sommer meine Großeltern besuchte
Es ist das Land, in dem ich mich wohlfühle als Jüdin
Es ist das Land, dass ich in letzter Zeit viel zu oft verteidigen muss
Es ist das Land, dass ich nicht verteidigen kann

Ich will die Regierung nicht verteidigen,
nicht deren Politik,
deren Rassismus,
deren Homophobie,
deren extreme Religiosität,
deren Frauenfeindlichkeit,
deren Hass.

Doch Israel. Israel muss ich verteidigen.
Ich bin Zionistin.
Jüdinnen und Juden brauchen Israel.
Doch nicht so eines.

Ich bin schockiert.
Vom Antizionismus in der Linken.
Die Linke, in der man sich eigentlich aufgehoben fühlen sollte.

Schönis und einpaarminuten teilen für zehntausende‚ Menschen Posts auf Instagram, die die Märtyrer feiern.

Ich bin müde von den Falschinformationen,
müde von den Diskussionen,
müde von der Propaganda,
müde sowas zu sehen,
müde müde müde

Israel,
bitte
reiß dich zusammen

(Victoria Borochov)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s