A Jewish Survival Guide to Dating
“Love feels like a great misfortune, a monstrous parasite, a permanent state of emergency that ruins all small pleasures.”
Slavoj Žižek
Wir wissen, es kommt überraschend. Jede:r, der:die unseren letzten Survival Guide gelesen hat und/oder uns gegoogelt hat, denkt sich nun “Was?! Die haben ein Liebesleben?”. Zum Leid unserer Mitmenschen: Ja!
Nein, wir daten uns nicht gegenseitig. (Anmerkung Chris: “Haben wir es nicht mal versucht?”; Antwort Ari: “Ja, aber es hat geendet, wie es begonnen hat – mit wenig Euphorie”)
Viele von euch fragen sich also vielleicht, was uns nach dem Fiasko vom letzten Mal dazu qualifiziert, nun unseren Senf hierzu zu geben. Die Antwort – so banal sie auch scheinen mag: Chris ist frisch in einer Beziehung (Anmerkung Ari: “Medizinstudent, Chris’ Mama und ich fragen uns die ganze Zeit, wann der Ring kommt”) und Ari ist frisch getrennt (Anmerkung Chris: “Ja ich bin immer noch haaß, die Trennung passte nicht in meinen Terminkalender #unsolidarisch”). So ergibt es sich, dass wir beide Einblicke in ganz verschiedene Aspekte des Dating-Lebens haben. Ein Geheimnis vorweg: Männer daten – immer ganz schwierig.
Hier kommen nun wichtige Aspekte, welche ihr bedenken müsst und die wir nie bedacht haben. Viel Spaß! Beschwerden bitte an: drsommerteam@bravo.de.
Dating Goyim – Für die, die’s exotisch mögen
Goyim zu daten, ist wie ein Vollrausch an Purim. Man weiß nie, wie es ausgeht und komisch angezogen sind auch alle. Das Wichtigste daran: Irgendwie kommt ihr Antisemitismus immer durch (Anmerkung Chris: “Meiner ist anders, schwöre”). Erste Dates können anstrengend sein. Und nach fünf Dates mit Goyim werden die Geschichten über österreichische Familien im Widerstand repetitiv. Nach unserer Samplesize zu urteilen, war niemand in der SS und ganz Österreich hat sowieso Widerstand geleistet (hier Bussi an A. Schallenberg <3). Wenn wir alle Familien unserer Dates in Yad Vashem aufnehmen würden, hätten die ein Platzproblem. Nun ist uns schon klar, dass sie nicht alle auf unserer Seite gekämpft haben, die Goyim. Aber wie nun damit um- gehen? Hier gibt es ein paar gute Möglichkeiten:
- Vor dem ersten Date die Familiengeschichte recherchieren. Chris hat das mal gemacht. Geschichte-Studium zahlt sich doch aus.
- Herausfinden, ob es irgendwelche Verwandten in Argentinien gibt. Der funktioniert immer – trust us!
- Mal so ganz nebenbei fragen: “Und? Was hältst du so von Autobahnen?”
- Lass sie deine Herkunft raten! Wenn sie “jüdisch” sagen, run! Nur ein:e nicht Entnazifizierte:r erkennt einen Juden – manchmal schaffen es Antideutsche aber auch.
Erfahrungsgemäß ist das Daten von Goyim mehr eine Überforderung für sie als für uns. Deshalb halten wir auch immer die Telefonnummer der Antisemitismus-Meldestelle parat, sobald sie Tel Aviv von Omer Adam hören. Wobei wir auch beim ersten “Who’s a good Jew?” im Bett Bescheid wissen. Wir sind gezeichnet, aber nicht verbittert. Alles in allem kann es funktionieren (wobei, natürlich besser mit Giyur). Es braucht nur zwei Dinge: Eine gute Gesprächsbasis und mindestens drei Werke zur Einführung in die Theorien des Antisemitismus.
Auch wenn es verlockend ist – haltet euch von Philosemit:innen fern! Ja, sie finden euch hot, nur weil ihr jüdisch seid, aber auch ja, eure Persönlichkeit besteht aus mehr als nur Latkes, Gefilte Fisch und Manischewitz, auch wenn ihr es nicht immer glaubt. Sie verlassen euch, sobald ihr das erste Mal Adorno anzweifelt.
(Anmerkung Ari: “Diesen Absatz hast du nur wegen mir reingetan, oder?”; Antwort Chris: “Sorry, aber Ari, such dir bitte was anderes, um deinen Praisekink zu bedienen!”)
Dating Jews – A Schlamassel waiting to happen
Solltet ihr eine jüdische Person finden, die euch a) zusagt und b) nicht mit euch verwandt ist, dann gönnt euch. Aber bitte mit Vorsicht! Es gibt einige Hürden zu überwinden: Kennen sich eure Eltern? Möchten sich eure Eltern kennenlernen? Kennt einer eurer Eltern jemanden, der die Eltern der anderen Person kennt und somit snitchen könnte? Sind eure Familien eventuell seit 1743 im ukrainischen Shtetl verfeindet? Ist die Familie der anderen Person religiöser, aber nicht so religiös, wie es den eigenen Eltern passt? Wie ihr mitbekommen habt, geht es viel um Familie. Kann nett sein, sofern ihr nach dem dritten Date heiraten wollt.
Bitte aufpassen! Die Familie eures:eurer Partners:Partnerin wird versuchen, mit James Bond-ähnlichen Taktiken mehr über euch in Erfahrung zu bringen. Und wenn ihnen der Job eurer Eltern, der Bezirk, in dem ihr wohnt oder eure Friseur nicht passt, werden sie euch gefährlicher, als ein Stavro Blofeld es jemals sein könnte (Anmerkung Chris: “Wer das?”; Antwort Ari: “Ich hab es dir schon einmal gesagt: Bilde dich!”).
Fakt ist, dass ihr niemals nur die Person daten werdet. Wenn ihr eine jüdische Person daten wollt, dated ihr auch ihre Eltern, ihre Baba, ihre Tante Gerta und im Zweifelsfall ihren Onkel Vasja. Nein, wir reproduzieren hier keine Ex-Soviet Stereotype, wir haben nur Aris alte Tagebücher gelesen.
Eine andere jüdische Person zu daten, ist also so, als würde man eine Person daten, welche beim ehemaligen BVT angestellt war. Nur hat man mit akribischerer Recherche und wirklichen Erfolgen zu rechnen. Jüdische Personen zu daten, kann schön sein, löscht aber vorher vielleicht euren Facebook-Account.
Conclusio: Die Chassiden haben wahrscheinlich doch recht
Ja, wir haben nur Teilaspekte herausgesucht. Ja, wir haben diese Aspekte verkürzt dargestellt. Nicht jedoch, um euch zu täuschen, sondern weil wir auch keinen Durchblick haben. Wir schwören euch, wir daten seit einigen Jahren und wir haben keine Ahnung, was wir eigentlich tun. Chris stolpert in Beziehungen, Ari sucht sich Gspusi, die Chris nicht gut findet. Eigentlich sitzen wir nur hier und denken uns: “Bist deppat, oag!”. Liebe ist wie eine abgeranzte Straßentaube, niemand ist sich hundertprozentig sicher, ob das wirklich koscher ist. Verliebt euch, trennt euch, betrinkt euch. Wer STDs bekommt, soll hoffen, es sind keine fleischfressenden Chlamydien. Und wenn es wirklich nicht mehr weitergeht, dann ruft eure Mutter an und sagt ihr: “Mama, ich will den Shidduch, jetzt”. Und wenn ihr Glück habt, wird euch jemand mit Eigentumswohnung und einem vollständigen Gebiss beschert. Kann schlimm werden, aber fix nicht schlimmer als dieser Survival Guide.
ARIEL SIMULEVSKI & CHRIS STEINBERGER